Oben
  • Drucken
  • schlecht ausreichend durchschnitt gut besonders gut
    Bewertungen
Schneechaos auf Straße

Schneechaos im Berufsverkehr

15.02.2018

Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei witterungsbedingten Verspätungen?

So schön Schnee auch sein kann, im Berufsverkehr ist er wenig beliebt. Denn vor allem in großen Mengen sorgt er für Staus und Verspätungen. Wer nach oder während starker Schneefälle mit Auto, Bahn oder Bus auf dem Weg zur Arbeit ist, sollte daher Zeit und Geduld mitbringen. Und sich über seine Rechte gegenüber dem Arbeitgeber sowie der Bahn oder den städtischen Verkehrsbetrieben informieren. Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice), klärt auf, welche Rechte Arbeitnehmer haben, wenn Schnee den Verkehr lahmlegt und sie zu spät am Arbeitsplatz erscheinen.

Pünktlich zur Arbeit – trotz Schnee und Eis

Auch bei schneebedingtem Wetterchaos sind Arbeitnehmer dazu verpflichtet, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. „Der Arbeitnehmer trägt hier das sogenannte Wegerisiko“, erläutert Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice), die rechtlichen Hintergründe. „Ist es abzusehen, dass Schneefall am nächsten Tag den Arbeitsweg erschweren wird, müssen Arbeitnehmer entsprechend planen.“ Das heißt: Früher aufstehen, einen früheren Zug nehmen oder eine andere Strecke fahren, die besser geräumt ist.

Unternehmen mit Gleitzeitregelung kommen ihren Mitarbeitern aber meist entgegen. Stehen keine wichtigen Termine an, können Arbeitnehmer warten, bis das schlimmste Schneechaos beseitigt ist und später losfahren. Allerdings beinhaltet die Regelung häufig eine Kernzeit, die die Mitarbeiter einhalten sollten. Erscheint ein Angestellter nicht rechtzeitig, hat der Arbeitgeber das Recht, den Lohn für die versäumte Zeit zu kürzen. Wiederholte Verspätungen können zu einer Abmahnung führen. Meist kann der Arbeitnehmer die Zeit jedoch über Nacharbeit, Überstunden, einen Urlaubstag oder eben Gleitzeit ausgleichen.

Wichtig ist es, den Vorgesetzten frühzeitig über eine mögliche Verspätung zu informieren. So hat er die Möglichkeit, Aufgaben anders zu verteilen. „Unter Umständen kann ein Mitarbeiter seinem Chef auch anbieten, bei Schneechaos von zu Hause aus zu arbeiten“, ergänzt die D.A.S. Expertin. Eine Nacharbeit am selben Tag kann der Vorgesetzte nur verlangen, wenn dies zumutbar ist. Das ist beispielsweise nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer seine Kinder pünktlich von der Kita oder der Schule abholen muss oder mit einer Fahrgemeinschaft den Heimweg antritt. Aber auch organisatorische Gründe können dagegen sprechen wie ein einheitliches Schichtende oder die erforderliche Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern.

Übrigens: Manche Arbeitnehmer gehen davon aus, dass sie bei Fortzahlung des Lohns zu Hause bleiben können, wenn die Kita wegen widriger Witterungsverhältnisse geschlossen hat. Diese Ansicht fußt auf § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Denn arbeitende Eltern müssen in solchen Fällen grundsätzlich erst einmal alle anderen Möglichkeiten prüfen, ihr Kind unterzubringen. Oder es gar wenn möglich mit zur Arbeit bringen, bevor sie selbst zu Hause bleiben. Außerdem kann diese gesetzliche Regelung auch per Arbeitsvertrag ausgeschlossen sein. Tarifverträge können ebenfalls besondere Regelungen beinhalten. Und selbst wenn der Anspruch nicht ausgeschlossen sein sollte, steht nicht fest, für wie viele Tage er gilt. Daher ist es in solchen Fällen ratsam, das Gespräch mit dem Chef zu suchen, um gemeinschaftlich eine Lösung zu finden.

Verspätungen bei der Bahn

Fahren Arbeitnehmer mit der Bahn zur Arbeit, sollten sie auch hier ihre Rechte kennen. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2013 (Az. C-509/11) müssen Eisenbahnunternehmen ihre Fahrgäste auch bei Verspätungen aufgrund höherer Gewalt entschädigen. Konkret: „Kommt der Zug wegen Schnee und Eis verspätet, hat der Reisende Anspruch auf eine anteilige Fahrpreiserstattung“, so die D.A.S. Juristin. Wie hoch diese Erstattung ausfällt, regelt die EU-Verordnung (EG) Nr. 1371/2007. „Bei einer Verspätung von ein bis zwei Stunden liegt sie bei einem Viertel des Fahrpreises, ab zwei Stunden bei der Hälfte.“ Als Verspätung zählt dabei die Zeit, um die der Reisende zu spät am Zielort eintrifft. Fahrgäste mit Zeitfahrkarten erhalten pro Verspätungsfall von über einer Stunde in der zweiten Klasse eine Pauschale von 1,50 Euro (Nahverkehr) oder 5 Euro (Fernverkehr) und insgesamt höchstens ein Viertel des Zeitkartenwertes. Da Beträge unter 4 Euro nicht ausgezahlt werden, müssen sich in vielen Fällen erst Verspätungen ansammeln. Die Entschädigung kann sich der betroffene Bahnkunde bar oder in Form eines Gutscheins an einer Ticketverkaufsstelle auszahlen oder von dem Beförderungsunternehmen überweisen lassen. Dafür muss der Bahnreisende ein sogenanntes Fahrgastrechte-Formular ausfüllen. Dieses Formular erhält er vom Servicepersonal im Zug, an den Informations- und Reiseschaltern des Beförderungsunternehmens beziehungsweise auf dessen Website. Laut der oben genannten EU-Verordnung muss der betroffene Fahrgast die Entschädigung innerhalb eines Monats bekommen.

Fahrgastrechte bei Verspätungen von U-Bahn, Straßenbahn und Bussen

Die Fahrgastrechte für Störungen im Eisenbahnverkehr gelten nicht für Kunden des öffentlichen Personennahverkehrs. „Wer auf dem Weg zur Arbeit auf Straßenbahn, U-Bahn oder Bus angewiesen ist, kann sich bei Verspätungen nur an das regionale Verkehrsunternehmen wenden“, so Michaela Rassat. Ob das Unternehmen seinen Fahrgästen bei Verspätungen dann eine Entschädigung anbietet, ist unterschiedlich. Häufig schließen die Verkehrsbetriebe jedoch bei extremen Wettersituationen wie beispielsweise starkem Schneefall eine Erstattung aus. Bei Konflikten hilft Kunden die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (www.soep-online.de) weiter.

Permalink

Ähnliche Beiträge:

Zugfahrt

Rechtsfrage des Tages

Wenn der Zug überfüllt ist

8.05.2018

Genießen Sie die Fahrt in vollen Zügen? Wahrscheinlich eher nicht. Hier erfahren Sie, wann ein Zug wirklich überfüllt ist und ob Sie in die 1. Klasse ausweichen dürfen.

Bushaltestelle

Rechtsfrage des Tages

Bus und Bahn: Wenn der Automat defekt ist

14.06.2017

Kennen Sie das? Sie wollen noch schnell Ihre Bahn erreichen und dann streikt der Ticketautomat. Wie Sie sich richtig verhalten und ob Sie trotzdem mitfahren dürfen, erfahren Sie hier.

Mann auf Fahrrad

Aktuelle Urteile

Unfall an Bushaltestelle: Hohe Mitschuld für Radfahrerin

17.03.2015

Unfälle zwischen Radfahrern und Fußgängern können oft zu komplizierten Haftungsfragen führen. Das Kammergericht Berlin hat einer Radfahrerin ein Mitverschulden von 80 Prozent angerechnet. Die Frau war auf dem Radweg an einer Bushaltestelle vorbeigefahren und mit einem aussteigenden Fahrgast kollidiert.

Kontakt

0800 3746-555
gebührenfrei